Antrag Nr. 18/2022 zur Sitzung des Ortsbeirats Mainz-Kostheim am 01. Juni 2022
Wohnraumzweckentfremdung in Mainz-Kostheim
Der Ortsbeirat möge beschließen:
Der Magistrat der Landeshauptstadt Wiesbaden wird um Auskunft gebeten, welche Maßnahmen die Stadt gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum ergriffen hat bzw. zu ergreifen gedenkt.
Dabei bittet der Ortsbeirat insbesondere um Stellungnahme zu den folgenden Punkten:
- 1.) Ist der Stadt bekannt, wie viele Wohnungen und gewerbliche Liegenschaften in Mainz-Kostheim schon länger als 6 Monate leer stehen?
- 2.) Welche Möglichkeiten hat die Stadt, diese Leerstände zu erheben?
- 3.) Welche Aktivitäten im Bereich der Beratung und Vermittlung existieren bzw. sind geplant, um bekannte Leerstände einer Vermietung zuzuführen?
- 4.) An welche städtische Stelle können sich Vermieter wenden, die Beratungsbedarf haben?
- 5.) Welche rechtlichen Spielräume hat und nutzt die Gemeinde, nachdem in Hessen im Jahr 2004 das Gesetz zur Wohnraumzweckentfremdung außer Kraft gesetzt wurde?
- 6.) Welche Möglichkeiten sieht die Gemeinde für die Verhängung von Buß- und Ordnungsgeldern? Befürwortet die Stadt eine entsprechende Landesverordnung?
- 7.) Welche Möglichkeiten hat die Stadt – zum Beispiel über den Hessischen Städtetag – sich für eine Veränderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen einzusetzen?
Begründung:
Eigentum verpflichtet. Im Sinne des Gemeinwohls sollten Kommunen Leerstände unterbinden und hierdurch dringend benötigten Wohnraum schaffen. So sieht und regelt es das CDU-geführte Land Nordrhein-Westfalen im „Gesetz zur Stärkung des Wohnungswesens in Nordrhein-Westfalen (Wohnraumstärkungsgesetz vom 23.06.2021) den Umgang mit Leerstand.
§15 Abs. 1:
Wohnraumstärkungsgesetz (NRW)
Wird Wohnraum zu anderen als Wohnzwecken genutzt, so kann die Gemeinde anordnen, dass der Wohnraum wieder Wohnzwecken zuzuführen ist (Wohnnutzungsgebot).
Auch die Vernichtung von Wohnraum ist gesetzlich untersagt, so heißt es im Gesetz [1]
§15 Abs. 2:
Wohnraumstärkungsgesetz (NRW)
Ist Wohnraum entgegen § 12 Absatz 2 so verändert worden, dass er nicht mehr für Wohnzwecke geeignet ist, so kann die Gemeinde anordnen, dass der frühere Zustand wiederhergestellt oder ein zumindest gleichwertiger Zustand geschaffen wird (Wiederherstellungsgebot).
Solche rechtlichen Grundlagen zur Zweckentfremdung gibt es in den Bundesländern Bayern, Baden Württemberg, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen, Brandenburg und Berlin.
Anders Hessen. Hier wurde ein entsprechendes Gesetz im Jahr 2004 außer Kraft gesetzt, eine parlamentarische Initiative der SPD für ein Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum im Jahr 2019 scheiterte. Der Vorschlag [2] der Sozialdemokraten enthielt u.a. folgenden Vorschlag:
„Mit Geldbuße bis zu 500.000 Euro kann belegt werden, wer ohne die erforderliche Genehmigung Wohnraum für andere als Wohnzwecke verwendet oder überlässt.“
Gesetzentwurf, SPD-Fraktion im Hessischen Landtag „Wohnraumschutzgesetz“ – 2019
Aktivitäten der Kommunen zur Aktivierung von Wohnraum sind bitter nötig, das gilt auch in Wiesbaden.
Denn: Der Bedarf an Wohnraum ist groß – gleichzeitig verfallen Häuser. Dies schlummernden Reserven zu wecken, ist nicht nur ein soziales und wirtschaftliches Gebot. Es ist gerade in der Zeit des Klimawandels dringend geboten, bei der Schaffung von Wohnraum möglichst wenig Flächen zu verbrauchen. Neubauten verursachen darüber hinaus große Mengen CO2 für die Herstellung und den Transport von Baumaterialien. Diese Treibhausgase für neue Gebäude zu emittieren, während gleichzeitig nutzbarer Wohnraum leer steht, ist nicht zu rechtfertigen.
Die Maßnahmen der Städte und Gemeinden in Deutschland sind dabei vielfältig:
Während die einen auf ordnungspolitische Maßnahmen setzen wie Bußgelder oder auch die Beschlagnahme von Wohnraum, gehen andere Gemeinden andere Wege.
In Baden-Württemberg hat die Landesregierung im Juli 2020 die sog. Wiedervermietungsprämie eingeführt. Diese Maßnahme unterstützt und belohnt Gemeinden, die durch beratende und vermittelnden Maßnahmen helfen, leerstehenden Wohnraum wieder zu vermieten. Die Prämien werden in der Regel an die Vermieter weitergegeben. Die Bilanz der Landesregierung ist positiv.
In Bayern bemühen sich kommunale Leerstandsmanager um persönliche Kontakte zu den Vermietern und bieten aktiv Unterstützung für die leerstehende Immobilie an, das ist insbesondere für die Erben von alten Häusern sehr hilfreich.
Jeder, der nicht weiß, was er mit seiner Immobilie tun soll, kann beim Leerstandmanagement anrufen und sich dort informieren: Über Nutzungskonzepte, eine Sanierung, deren Kosten und mögliche Zuschüsse aus öffentlicher Hand.
Mainz-Kostheim, 22. Mai 2022
gez. Stefan Knipl
– Fraktionssprecher –
Abstimmungsergebnis
Am 01.06.2022 durch CDU-, FDP-, FWG- und SPD-Fraktion, bei einer Zustimmung aus der SPD-Fraktion, abgelehnt.
Abstimmungsergebnis (PiWi)
Beschluss Nr. 0084/2022 (PiWi | PDF)
Weitere Informationen
- Sitzung im AUF-Kalender
- Einladung und Protokoll (PiWi) zur Sitzung am 01.06.2022
- Ausführliche Tagesordnung (PiWi) mit Abstimmungsergebnissen
- Vorgang 22-O-26-0049 (PiWi)